Wie viel darf Leistung kosten?
Ein Artikel der mich stutzig gemacht hat – auch wenn die Tatsache an sich leider nicht mehr wirklich verblüfft: In der iBusiness vom 3.9.2019 beschreibt Jochen Graf das Ergebnis einer Studie, die belegt, dass die Hälfte (!) der Bundesbürger/innen nicht bereit ist, für journalistische Angebote zu bezahlen. Stattdessen greifen sie lieber auf kostenlose Onlineartikel zurück, die von einem Roboter erstellt worden sind.
Die Studie zeige, so Graf weiter, dass
öffentlich-rechtliche Inhalte im Vergleich zum Content anderer Anbieter immer noch als am vertrauenswürdigsten wahrgenommen werden. 69 Prozent der Befragten schätzen diese Angebote als eher glaubwürdig ein, 24 Prozent sogar als sehr glaubwürdig. Ähnlich verlässlich werden Redaktionen in Print (62 Prozent) und Online (59 Prozent) bewertet. Privatsender, Blogs und Influencer schneiden dagegen nicht so gut ab.
Obwohl also auf redaktionelle und journalistisch einwandfreie Arbeit sehr hoher Wert gelegt wird, wird keine Verbindung dazu geknüpft, dass Journalistinnen und Journalisten auch ein Dach über dem Kopf, warmes Essen und anderen „Luxus“ brauchen – und dieser eben bezahlt werden muss.
Den Deutschen ist die Ehrlichkeit bei der Arbeit von Journalisten am wichtigsten. 60 Prozent sehen das als wichtigstes Kriterium an. Offensichtlich glauben viele Menschen Robotern mehr als Journalisten
lautet das frustrierte Fazit des Autors.
Wie ist das möglich? Und ist dies ein Einzelfall? Oder die logische Konsequenz einer Einkaufshaltung, die den Preis über alles stellt?
Billig, billig und Geiz ist geil?
Ich denke, es ist kein Wunder: Wo Geiz „geil” ist, einem in Werbung offline wie online nur noch „Wahnsinns Preise“, „Billiger geht’s nicht!“, „Keiner ist billiger“ entgegenspringt, da will auch keine/r mehr realistische und angemessene Preise bezahlen. Frage: Ist eigentlich Niemandem bewusst, dass wir alle am Ast sägen, auf dem wir sitzen? Billige Artikel –> ‘billige’ Kosten –> ‘billige’ Löhne –> Auswirkungen auf die Gesellschaft inbegriffen.
Und das gilt bei weitem nicht nur für den Produktkauf, sondern auch die Bereitschaft, für Dienstleistungen zu bezahlen, wie ja auch die oben angeführte Studie zeigt. Dieses Verhalten zieht natürlich Kreise in viele Dienstleistungsbereiche: So müssen auch Agenturen mit spitzem Bleistift rechnen, weil die Einkaufsabteilung der Kundschaft nur auf den Preis, nicht jedoch auf die Qualität kreativer Leistungen schaut.
Auch Software darf nichts kosten
So darf natürlich auch Software nichts kosten! Die Suche nach kostenloser Software ist groß – auch im Agentursoftware-Guide: Die vermehrte Suche nach “agentur software online kostenlos” kann als Indiz gewertet werden, dass die Bereitschaft sinkt, für Software (viel) Geld auszugeben.
Vor kurzem fand ich einen Beitrag zur Software-Auswahl: „5 Tipps für die richtige Software für Startups“. Bei drei dieser 5 Tipps ging es um sparen.
So können sich Jungunternehmer dadurch (beim Softwarekauf, die Autorin) die Einstellung von Personal sparen.
In diesem Beispiel soll sogar ein Buchhalter/eine Buchhalterin durch den Einsatz einer kaufmännischen Software eingespart werden – geht´s noch?
Was ist am Ende teurer?
Mit Daten z.B. für 20 Dollar im Monat legten Nutzer einer Studien-App nahezu ihr gesamtes Online-Leben für Facebook offen.
Chip/dpa
Der Wunsch oder das Verlangen, immer weniger zu bezahlen oder am Besten gar nichts, führt leider auch dazu, dass nicht genau hingesehen wird, welcher Preis am Ende dennoch gezahlt wird.
Da wird
- die „kostenfreie“ cloudbasierte Software zur Aufgabenverwaltung angeblich zum tollsten Tool, ohne zu hinterfragen, wo die Daten gelagert werden
- ein Teamtool angeschafft, ohne auf vernünftige Datenschutz-Optionen zu achten
- Software eingesetzt, die zwar günstig ist, aber die benötigten Funktionen für unterschiedliche Einsatzbereiche nicht bereit hält
- Software angeschafft, deren Anbieter zwar günstige Lizenzen verscherbelt, aber über Wartungsverträge das Unternehmen über Jahre bindet.
Fazit
Es gibt viele Gründe, Preise in den Mittelpunkt zu stellen – und natürlich ist es wichtig, darauf zu achten, dass der Einsatz der Software sich amortisiert und die TCO (total cost of ownership) realistisch ausfällt. Doch wir müssen uns fragen, welchen Preis wir am Ende tatsächlich zahlen und welche Werte wir bedienen wollen.
„Mit Ehrgeiz und Engagement schaffen wir eine Qualität unserer Leistung, die Kunden begeistert. Wir können und wollen nicht billig, billig, billig. Aber wir können preiswert.“
Unsere Werte von meerEnergie
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